Von den Anfängen bis Heute

Bereits im 19. Jahrhundert war das Granskevitzer Rittergut auf der Insel Rügen im Besitz der Familie Robert von Schultz. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts interessierte sich Karl von Schultz für die mit der Wiederentdeckung der Mendelschen Vererbungsgesetze aufkommende moderne Pflanzenzüchtung und deren Ergebnisse.

1910
begann Karl von Schultz mit dem Import von Pflanzensorten des schwedischen Züchterhauses Svalöf.

1929
gründete er dazu die Norddeutsche Saatzucht AG und ließ sie in Stralsund registrieren. Deren Telegrammadresse bildete bereits das Kürzel "Nordsaat", das sich später als Allgemeinbegriff für die Firma durchsetzte.

1928 bis 1946
Karl von Schultz stellte den Pflanzenzüchter Erich Schneider (1896-1982) als 1. Saatzuchtleiter und Geschäftsführer ein. Neben Karl von Schultz entwickelte Erich Schneider die Nordsaat aus deren Anfängen, zu einer leistungsfähigen Einheit und begann auch mit selbstständigen Züchtungsaktivitäten bei Getreide, Felderbsen und Wicken.

Nach der Besetzung der Insel Rügen durch die Rote Armee wurde Karl von Schultz wie alle Gutsbesitzer enteignet, aber als Betriebsleiter der Saatzucht wieder eingesetzt. Jedoch wurden er und Erich Schneider am 29.09.1945 durch Befehl des Bürgermeisters in Schaprode von dem Betrieb entfernt. Seitdem galt Karl von Schultz als verschollen.

Erst 2012 wurde bekannt, dass Karl von Schultz am 6. Februar 1946 nach einem Gerichtsurteil des Russischen Militärtribunals hingerichtet wurde.

Erich Schneider war bis 1950 interniert. Nach seiner Haftentlassung arbeitete er als Saatzuchtleiter und Leiter der Zuchtstation Petkus bei Luckenwalde.

1945
musste Familie von Schultz Granskevitz verlassen.
Sie gelangte über Westberlin nach Waterneverstorf in Schleswig/Holstein.

Daher entwickelten sich die beiden Bestandteile der Nordsaat in Ost- und Westdeutschland in der Zeit der Deutschen Teilung zwischen 1946 und 1990 getrennt voneinander.

1946
wurde die Nordsaat dort unter dem Namen Nordsaat Saatzucht GmbH neu gegründet. Zu Geschäftsführern wurden Margarete von Schultz (1891-1987), die Witwe von Karl von Schultz, und der Landwirt Claus-Oloff von Rhade (1919-2016) berufen.

Margarete von Schultz war bis 19.01.1984 Geschäftsführerin und Claus-Oloff von Rhade war bis 28.02.2005 Geschäftsführer der Nordsaat.

1956
Beginn der Arbeit mit Mais unter Leitung von Herrn Prof. Klaus v. Rosenstiel. Er schrieb die erste Maisfibel 1962 „So baut man Mais“.

1965
Die Nordsaat sah schon frühzeitig die Chancen eines zentralen Saatenvertriebs. Als einer der Gründungsgesellschafter der SAATEN-UNION schuf sie 1965 die Voraussetzungen dazu. Herr Claus-Oloff von Rhade wird mit Gründung der Saaten-Union Sprecher der Gesellschafter und begleitet diese bis 1994.

1981
Beginn der Wintergersten-Züchtung mit unserem Saatzuchtleiter und Züchter Herrn Dr. Eberhard Laubach am Standort Gudow (Schleswig-Holstein).

1982
Gründung der Hybro GbR/Langenbrücken in Baden-Württemberg.
Nordsaat ist Gründungsgesellschafter.

Juni 1991
Nach der Wende erwarb die Nordsaat ihr "Stammhaus" in Granskevitz auf der Insel Rügen wieder zurück.

Ganz entscheidend für den weiteren Bestand der Granskevitzer Pflanzenzüchtung war dabei der Einsatz des langjährigen und sehr verdienstvollen Nordsaat-Geschäftsführers Claus-Oloff von Rhade.

Mit der deutschen Wiedervereinigung wurde der Nordsaat-Zuchtstandort in Waterneverstorf geschlossen und auf den heutigen Firmensitz in Böhnshausen/Langenstein bei Halberstadt in Sachsen-Anhalt verlagert. Dieses ist dem Weitblick der damaligen Geschäftsführung zu verdanken.

1997
Beteiligung an der Saaten-Union Recherche/SUR Frankreich.

Heute
wird die Nordsaat-Unternehmensgruppe in Personalunion durch die Geschäftsführer Wolf von Rhade (seit 01.01.1982), Claus-Henning von Rhade (seit 23.02.2002) und Alexis von Rhade (seit 01.02.2019) geleitet. Derzeit sind ca. 110 Mitarbeiter in den Bereichen Züchtung, Landwirtschaft und Saatgutvermehrung beschäftigt.

Mit ihren erfolgreichen Züchtungsprogrammen hat die Nordsaat schon frühzeitig Zeichen gesetzt. Auf den drei Zuchtstationen in Böhnshausen im Vorharz (Sachsen-Anhalt), Granskevitz auf der Insel Rügen (Mecklenburg-Vorpommern), Gudow (Schleswig-Holstein) wird auf ca. 150 ha Zuchtgartenfläche an der Weiterentwicklung von Hochleistungssorten bei Winterweizen, Hybridweizen, Triticale, Winter- und Sommergerste sowie Hafer gearbeitet.

Rückblick Zuchtstandort Langenstein

1867 - 1990
Standortgeschichte der Saatzucht
in Langenstein - Böhnshausen (Sachsen-Anhalt)

1867
Wilhelm Rimpau (1842 - 1903) beginnt die Züchtung von Roggen, später von Weizen, Zuckerrüben, Sommergerste, Hafer und Weizen x Roggen-Bastard.

1919
Gründung der SELECTA Pflanzenzucht GmbH (Gesellschafter: Familie Rimpau, Familie v. Rümker, Familie v. Wulffen, Dr. Tangermann.

Wichtige Zuchtprogramme wurden nach Böhnshausen verlagert.

1951
Die Reorganisation des staatlichen Saatgutwesens in der DDR hat die Unterstellung der Saatzuchtstation und Weiterführung der Zuchtarbeiten in Böhnshauen (Standort für Weizenzüchtung) und Derenburg (Standort für Sommergerstenzüchtung) im Rahmen der Volkseigenen Saatzuchtgüter unter der Leitung der VVB Saat- und Pflanzgut zur Folge.

1958
begann Herr Dr. Albrecht Meinel (1935-2021) zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter die Arbeit bei dem VEG Saatzucht Langenstein.

Ab 1964 arbeitete er für 36 Jahre als Leiter der Zuchtstation und als Weizenzüchter.  Herr Dr. Meinel trug maßgeblich zur Entwicklung erfolgreicher Weizensorten und eines leistungsstarken "Getreidezüchtungsinstituts" bei.

1966
Ohne auf vorhandenes Material zurückgreifen zu können, begann Frau Edelgard Richter (*1938) in Derenburg die Neuzüchtung von Sommergerste. Nur 13 Jahre später erreichte sie erste Sortenzulassungen (Grit, Lada), die europaweit bekannt wurden. Bis 1999 arbeitete Frau Richter für die Nordsaat als Züchterin bedeutsamer Sommergerstensorten, wie z.B. Annabell und Danuta.

bis 1991
wurde auf dem Standort Böhnshausen an der Neuzüchtung und der Erhaltungszüchtung von Winter- und Sommergetreide, Erbsen, Rotklee- und Luzerne gearbeitet.

Rückblick Zuchtstandort Granskevitz

1946 - 1991
Standortgeschichte der Saatzucht
in Granskevitz auf der Insel Rügen (Mecklenburg-Vorpommern)

Nach der Enteignung der Familie von Schultz wurde ein Volkseigenes Gut (VEG) mit Saatzuchtstation gebildet. Man arbeitete an der Züchtung von Winterweizen, Sommergerste, Hafer, Erbsen und Sommerwicken.

1953
übernahm der Pflanzenzüchter Heinz Melzer (*1929) für 38 Jahre die Leitung der Saatzucht und trug maßgeblich zur Entwicklung einer leistungsfähigen Zuchtstation in Granskevitz bei.

1961
wurde durch politische Weisung entschieden, dass in Granskevitz nur noch Erhaltungszüchtung betrieben werden darf. Bestes Zuchtmaterial musste abgegeben werden. Nur die Neuzüchtung von Erbsen durfte fortgesetzt werden. Die in Granskevitz entwickelten Erbsensorten waren so leistungsstark, dass sie über sehr viele Jahre die bestimmenden Sorten in der DDR blieben.

1982
Granskevitz eignete sich hervorragend als Züchtungsstandort für Hafer, daher wurde nach Genehmigung durch die VVB wieder ein Haferneuzuchtprogramm in Granskevitz etabliert.

1991
übernahm die Nordsaat Saatzucht GmbH wieder die Zuchtstation in Granskevitz.